Sonntag, 24. November 2019

Nur jeder Dritte regelt sein digitales Erbe

Login-Daten zu Online-Konten oder Profilen werden meist für Angehörige hinterlegt




Das Haus bekommt der Ehepartner, das Barvermögen die Kinder, das Kaffeeservice geht an die Nachbarin: Was mit den eigenen Besitztümern nach dem Tod passieren soll, regeln viele Menschen noch zu Lebzeiten in einem Testament. Anders ist es jedoch mit dem digitalen Erbe, also mit den Hinterlassenschaften in sozialen Netzwerken und Login-Daten zu Smartphones und Laptops, zu Profilen bei Facebook oder Instagram, zum Cloud-Speicher oder zu kostenpflichtigen Online-Diensten wie Netflix, Spotify und Co.: Nur 13 Prozent der Internetnutzer haben ihren digitalen Nachlass vollständig geregelt. Weitere 18 Prozent haben sich zumindest teilweise darum gekümmert. 65 Prozent geben jedoch an, für den Fall ihres Todes in diesem Bereich nicht vorgesorgt zu haben. Das hat eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergeben. Immerhin: Das Problembewusstsein steigt. 2017 waren es noch 80 Prozent, die sich nicht um ihren digitalen Nachlass gekümmert haben.

„Jeder Internetnutzer sollte sich frühzeitig mit seinem digitalen Nachlass beschäftigen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Und es sollte dafür gesorgt werden, dass kostenpflichtige Dienste schnell und unkompliziert gekündigt werden können.“ Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018 gehen auch Verträge etwa mit Kommunikationsprovidern oder sozialen Netzwerken auf die Erben über, sofern zu Lebzeiten nichts anderes bestimmt wurde. Doch dazu müssen die Erben erst einmal wissen, welche Verträge und Profile überhaupt bestehen. „Für viele Menschen handelt es sich hier um weitgehend unbekanntes Terrain. Dabei wird das Thema in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen.“

Emotionale Belastung für Angehörige vermeiden


71 Prozent derjenigen, die ihren digitalen Nachlass teilweise oder vollständig geregelt haben, haben bei einem Familienangehörigen oder einer Vertrauensperson die Zugangsdaten zu Geräten und Online-Diensten hinterlegt. 54 Prozent haben eine Vollmacht gegenüber dem Internetdienstleister bzw. der Online-Plattform ausgestellt, jeder Vierte (25 Prozent) hat testamentarisch vorgesorgt. 16 Prozent haben einen externen Anbieter damit beauftragt, im Falle ihres Todes ihre Online-Konten zu löschen. 

Ein Großteil aller Internetnutzer (64 Prozent) würde allerdings bevorzugen, wenn es gesetzliche Regelungen zum digitalen Nachlass gäbe. 6 von 10 Befragten (60 Prozent) gaben an, sie würden sich zwar gern darum kümmern, allerdings hätten sie zu wenige Informationen. Mehr als jeder Zweite (55 Prozent) ist sich außerdem darüber im Klaren, dass der Umgang mit dem digitalen Nachlass für die Angehörigen eine hohe emotionale Belastung darstellt. „Auch das ist ein guter Grund, rechtzeitig vorzusorgen. Ist das digitale Erbe nicht geregelt, beginnt für die Hinterbliebenen nach dem Tod die Suche nach Benutzernamen, Passwörtern oder PINs. Der Familie diesen Stress zu ersparen, sollte eine weitere Motivation sein, hier frühzeitig aktiv zu werden“, betont Rohleder.

Jeder dritte Internetnutzer (36 Prozent) möchte, dass seine Profile in sozialen Netzwerken auch nach seinem Tod bestehen bleiben. Jeder Vierte (27 Prozent) findet das Thema unangenehm und setzt sich ungern damit auseinander. 23 Prozent halten es für unwichtig.

Bitkom-Hinweise zum Umgang mit dem digitalen Nachlass:


1. Persönliche Informationen auf Datenträgern

Wenn im Testament oder in einer Vollmacht nichts anderes geregelt ist, werden die Erben Eigentümer aller Gegenstände des Verstorbenen, also auch des Computers, Smartphones oder lokaler Speichermedien. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2018 beinhaltet dies auch den Zugang zu Accounts etwa in sozialen Medien. Damit dürfen die Erben die dort gespeicherten Daten uneingeschränkt lesen. Deshalb sollte man die Entscheidung, ob die Hinterbliebenen nach dem Tod Einblick in die digitale Privatsphäre haben, zu Lebzeiten treffen. Ein Notar oder Nachlassverwalter kann unter Umständen entsprechende Dateien oder ganze Datenträger vernichten bzw. konservieren lassen. Neben Hinweisen auf das Erbe können sich in persönlichen Dateien sensible private Informationen befinden, die mancher lieber mit ins Grab nehmen möchte.

2. Online-Dienste wie E-Mail-Konto oder Cloud-Speicher

Hinterbliebene erben nicht nur Sachwerte, sondern treten auch in die Verträge des Verstorbenen ein – auch, wenn es sich um kostenpflichtige Dienste handelt wie etwa ein Streaming-Abo. Gegenüber E-Mail- und Cloud-Anbietern haben Erben in der Regel Sonderkündigungsrechte. Bei der Online-Kommunikation gilt aber zugleich das Fernmeldegeheimnis, das auch die Rechte der Kommunikationspartner des Verstorbenen schützt. In der Praxis gelingt der Zugang zu den Nutzerkonten am besten, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten geregelt hat, ob und in welchem Umfang die Erben im Todesfall Zugriff auf die Accounts erhalten. Außerdem kann man die Zugangsdaten für solche Dienste beim Notar hinterlegen.

3. Profile in sozialen Netzwerken

Hinterbliebene sollten die Betreiber von sozialen Netzwerken benachrichtigen, wenn sie entsprechende Mitgliedschaften des Verstorbenen kennen. Viele Betreiber verlangen die Vorlage einer Sterbeurkunde. Bei Facebook ist es Nutzern möglich, zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der das Profilfoto des Verstorbenen ändern oder auf Freundschaftsanfragen reagieren darf. Eine Anmeldung unter dem Konto des Verstorbenen oder das Lesen von dessen Chats ist aber auch dem Nachlasskontakt nicht möglich. Angehörige können darüber hinaus beantragen, das Profil in einen „Gedenkzustand“ zu versetzen. Die Profilinhalte bleiben dann erhalten und Freunde oder Familienmitglieder können in der Chronik Erinnerungen teilen. Bei beruflichen Netzwerken wie etwa Xing wird das Profil deaktiviert, sobald der Betreiber vom Tod eines Mitglieds erfährt.

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.004 Bundesbürger ab 16 Jahren, darunter 847 Internetnutzer telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.