Sonntag, 20. September 2015

Wagniskapital-Pläne der Bundesregierung bleiben mutlos

Bundeskabinett will zusätzliche Steuerbelastung für Start-ups und Business Angels verhindern



Das am letzten Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedete „Eckpunktepapier Wagniskapital“ ist nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom ein Zeichen, dass die Bundesregierung das Problem der im internationalen Vergleich viel zu geringen finanziellen Mittel für Start-ups in Deutschland erkannt hat und endlich eine ressortübergreifende Lösung anstrebt. 

Für Erleichterung bei Start-ups und Investoren sorgt vor allem die Ankündigung, dass innovative Unternehmen auch weiterhin von einer Besteuerung von Gewinnen aus Streubesitzbeteiligungen ausgenommen werden sollen. „Wenn die Bundesregierung hier Wort hält, wird eine völlig überflüssige und schädliche zusätzliche Besteuerung von Start-ups und Business Angels verhindert“, sagt Bitkom-Geschäftsleiter Niklas Veltkamp. „Gleichwohl verbessert sich die Finanzierungssituation von Start-ups damit überhaupt nicht, sondern es werden nur geplante Verschlechterungen abgewendet.“ 

Die einzige konkrete Maßnahme, für die zusätzliche Mittel bereitgestellt werden und von der Start-ups direkt profitieren können, ist die ab 2016 vorgesehene Ausweitung des Förderprogramms INVEST, bei dem Investoren künftig einen 20-prozentigen Zuschuss bis zu einer maximalen Investitionssumme von 500.000 Euro pro Jahr erhalten können.

Vielversprechende Start-ups verlassen Deutschland


„Wenn Deutschland tatsächlich, wie in dem Eckpunktepapier Wagniskapital der Bundesregierung angekündigt, eine neue Gründerzeit ausrufen will, dann sind die konkreten Vorschläge leider viel zu mutlos und greifen zu kurz“, sagt Veltkamp. Bund und Länder müssten nun gemeinsam das Eckpunktepapier zügig weiterentwickeln, damit das im Koalitionsvertrag angekündigte Venture-Capital-Gesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden könne. 

Die Förderung des Wagniskapitalmarkts darf sich nach Ansicht des Bitkom nicht auf Erweiterung und Flankierung staatlicher Förderprogramme beschränken, sondern muss die Rahmenbedingungen für die Freisetzung privaten Wagniskapitals nachhaltig verbessern. Nur so könnten die nötigen Investitionssummen für echte Wachstumsfinanzierungen erreicht und die Lücke zu den führenden Wagniskapitalstandorten geschlossen werden. Veltkamp: „In der Vergangenheit haben viel zu oft besonders vielversprechende Start-ups Deutschland Richtung USA verlassen, um dort Wachstumskapital einzusammeln. Das vorgelegte Eckpunktepapier wird daran vermutlich leider nichts ändern.“


Ausdrücklich begrüßt Bitkom, dass die Bundesregierung sich für die Beibehaltung der Steuerbegünstigungen für Fondsinitiatoren, die sogenannten Carried Interests, einsetzt. Diese sind international üblich, sollen aber dennoch nach dem Willen der Bundesländer gestrichen werden. Bitkom unterstützt darüber hinaus den Vorschlag, Managementdienstleistungen für Beteiligungsfonds von der Umsatzsteuer zu befreien. Dadurch würde eine steuerliche Benachteiligung des deutschen Steuerrechts endlich aufgehoben und Deutschland könnte an dieser Stelle den Wettbewerb auf Augenhöhe mit anderen Ländern führen.

Hoffnungsvoll stimme zudem, dass das Eckpunktepapier von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium gemeinsam getragen werde. „In der Vergangenheit haben Wirtschafts- und Finanzpolitiker zu oft gegeneinander gearbeitet, etwa beim Kleinanlegerschutzgesetz, das Crowdinvesting in Deutschland deutlich erschwert hat“, so Veltkamp.